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Am 5./6. Oktober 2002 fand in der Hochschule für Kirchenmusik St. Gregorius in Aachen die 7. Tagung der Hermann-Schroeder-Gesellschaft statt. Hochschuldirektor Prof. Matthias Kreuels (Aachen) und der Vorsitzende der Schroeder-Gesellschaft, Prof. Peter Becker (Hannover), betonten in ihren Begrüßungsworten, dass die über 1.200 Jahre alte Tradition der Dommusik in der Stadt Karls des Großen und insbesondere die Pflege des gregorianischen Chorals das Schaffen Schroeders beeiflusst hat.
Prof. Clemens Ganz (Köln) referierte über Fragen der Interpretation der Orgelmusik Schroeders. Am Beispiel von Präludium und Fuge über "Christ lag in Todesbanden" (1930) zeigte er, dass die Interpretation dieses neobarocken Stückes von Prinzipien der Musik Bachs und seiner Zeit auszugehen habe, zum Beispiel im Hinblick auf Artikulation, Phrasierung und motivische Gestaltung. Grundlage der Musik Schroeders sind exakte rhythmische Gestaltung und Klarheit der Form. Die Noteneditionen enthalten nur spärliche Hinweise zu Dynamik und Artikulation, man könne aber davon ausgehen, dass zu jener Zeit das Bewusstsein für historische Spielweisen noch nicht sehr ausgeprägt war und das Legato die Grundform des Anschlags darstellte. Bei Orgelmusik über gregorianische Themen orientiert sich die Artikulation des Themas am besten an der Silbenverteilung des Cantus. Am Beispiel der "Marianischen Antiphonen" (1953) stellte Ganz zwei alternative Interpretationsmöglichkeiten vor und betonte, dass die schillernde, schweifende Tonalität eine gleichermaßen klare und farbige Registrierung erfordere, die jedoch immer im Dienste der Struktur stehen und gewisse Grenzen nicht überschreiten solle.
Dr. Raimund Keusen (Bonn) erläuterte die Prinzipien der Messkomposition Hermann Schroeders. Mit insgesamt 40 Messen schuf Schroeder eine Vielzahl von Formen und Besetzungen für die konkrete Verwendung in der Liturgie. Die früheste Messe entstand 1927 für den Aachener Domchor (Missa in h), die späten Messen sind in der Landessprache komponiert und berücksichtigen zum Teil die Anforderungen des 2. Vatikanischen Konzils. In seinen lateinischen Messen greift Schroeder oft auf gregorianische Themen zurück, so verwendet z. B. die Missa "Regina coeli" für Chor und Orgel (1950) die entsprechende Melodie aus den Marianischen Antiphonen in allen Messesätzen, und zwar als Kontrapunkt im obligaten Orgelpart.
Dr. Rainer Mohrs (Mainz) referierte über die vielfältigen Beziehungen Hermann Schroeders zu Aachen. Um 1930 hat der Aachener Domchor unter Theodor B. Rehmann mehrere Chorwerke des jungen Komponisten uraufgeführt und ihm dadurch Gelegenheit gegeben, erste praktische Erfahrungen zu sammeln (u.a. die "Missa in H" und die Motetten "In stiller Nacht" und "Siehe, die Jungfrau wird empfangen"). Schroeder begleitete den Aachener Domchor im Frühjahr 1935 auf einer Konzertreise nach Italien und hatte bei Konzerten in Freiburg, Mailand, Florenz und Rom mit seiner Toccata c-Moll (1930) erste Erfolge als Organist und Komponist (siehe Foto). 1937/38 unterrichtete er Kontrapunkt am Gregoriushaus, bevor er 1938 als Domorganist nach Trier ging und 1946 Professor an der Kölner Musikhochschule wurde. Bei einer Tagung der "Internationalen Gesellschaft für Erneuerung der katholischen Kirchenmusik" lernte er in Aachen den belgischen Komponisten Flor Peeters kennen, mit dem er seither freundschaftlich verbunden war.
Der Aachener Domchor unter der Leitung von Berthold Botzet, Domorganist Norbert Richtsteig, Marlies Buchmann (Sopran) und Thomas Blees (Cello) umrahmten die Tagung mit musikalischen Beiträgen in Konzert und Gottesdienst. (erschienen in: Musica sacra 123, 2003)
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