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Präludium und Fuge "Christ lag in Todesbanden"

Entstehung: 1930
Dauer: 8:20 min.
Verlag: Schott ED 2554
Beispiel-Download: PDF vom Anfang [139 KB]
Widmung: Josef Zimmermann
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Einspielungen des Werks

9. Orgelwettbewerb u.a. Variationen "Ave Regina caelorum" und Fantasie e-Moll op. 5b

Prezioso CD 800.012 u.a. Salve regina und Sonate für Violoncello und Orgel (Th. Blees, W.G. Haas, H.-A. Stamm)

SAM-50102000 u.a. das Präludium über "Christ lag in Todesbanden" (P.A. Stadtmüller)


Dieses sein erstes Orgelwerk komponierte Hermann Schroeder für die Orgelprüfung, die er 1930 im Rahmen seines Schulmusikexamens mit Bravur ablegte. Das seinem Freund und Studienkollegen Josef Zimmermann gewidmete Stück eröffnet den Reigen einiger virtuoser Frühwerke, in denen er sich einerseits den Traditionen eines J.S. Bach und Max Reger verpflichtet zeigt, gleichzeitig aber auch erste Ansätze einer neuen Tonsprache erkennbar werden lässt. Beeinflusst durch die Ideen der "Orgelbewegung" wollte er die Orgel wieder stärker als polyphones und weniger als klanglich orientiertes Instrument verstanden wissen.

Präludium "Christ lag in Todesbanden" (Beginn)

Das Präludium beginnt mit einem virtuosen Pedalsolo, das den Anfang des überkonfessionellen Liedes "Christ lag in Todesbanden" improvisatorisch aufgreift und eine enorme Spannung erzeugt, die sich in einem vollgriffigen Tutti-Choralsatz entlädt. Danach liegt der Cantus firmus in ruhigen Notenwerten im Pedal. Es folgt ein langsamer B-Teil, der die dritte und vierte Choralzeile verarbeitet, anschließend kehrt das dreiteilige Präludium zur motorischen Sechzehntelbewegung zurück und zitiert den fünften und sechsten Choralabschnitt, zuletzt wieder im klangdichten regerschen Satz. Die Fuge, nahezu im Bachstil beginnend, verarbeitet ein Thema, dessen Kopfmotiv (e-dis-e-g-a-fis-d) aus der Choralmelodie abgeleitet ist. In der 3. Durchführung wird diese (in ihrer Vergrößerung) mit dem Fugenthema kombiniert.
Ein großartiger, klanglich verbreiterter, virtuoser Schluss mit Doppelpedal, Trillerketten und vollgriffiger Harmonik beendet das Frühwerk, in dem sich bereits das große Talent des jungen Komponisten offenbart und jener Ausgangspunkt seiner Musik deutlich wird, der auch für Zeitgenossen wie Johann Nepomuk David, Ernst Pepping, Flor Peeters oder Marcel Dupré maßgeblich war: nämlich der Rückbezug auf das große Vorbild Johann Sebastian Bach. (© Dr. Rainer Mohrs)


Dr. Raimund Keusen über Präludium und Fuge "Christ lag in Todesbanden" (Auszug aus seinem Vortrag über das Orgelwerk Schroeders):

Gleich hier wieder eine Besonderheit: Sehe ich es richtig, ist dies der einzige protestantische Choral, den Schroeder bearbeitet. Im Evangelischen Gesangbuch (der Thomaskirche) findet sich folgende Quellenangabe: " T: Martin Luther 1524, teilweise nach der Sequenz victimae paschali laudes des Wipo von Burgund 1048 und nach Nr. 99 (Christ ist erstanden); M: Martin Luther 1524 nach Nr. 99. Also dorisch in Reinkultur (wie ja übrigens alle alten Osterlieder, da sie auf die Sequenz zurückgehen, dorisch sind) – das ergibt nach oben Gesagtem Sinn. Aber es erklärt diese Bearbeitung als absolute Ausnahme doch nicht hinreichend. Ich glaube viel eher, es ist eine Hommage an Bach intendiert.
Ich habe ja in meinen Erinnerungen, wie sie freundlicherweise in unserem Heft 2 abgedruckt worden sind, von den Vorlesungen Schroeders an der Universität Bonn berichtet. In der Vorlesung "Formenlehre" brachte Schroeder dann, wenn das Thema "Kantate", und hier die Unterabteilung "Choralkantate" anstand, als das Proto-Beispiel Bachs Kantate Nr. 4 "Christ lag in Todesbanden".
Er beschrieb sie uns zusammenfassend als "Choralballade" und machte dies vor allem an Vers IV "Es war ein wunderlicher Krieg" (Luthers Übersetzung von "mors et vita duello conflixere mirando") fest, vor allem am Fugatoschluss in Engführung ad minimam "wie ein Tod den andern frass". Wie soll man auch erklären, dass Schroeder dieselbe Tonalität wählt (dorisch e = 2 #) wie Bach (hier allerdings als e-moll notiert) und die Vermollung bzw. die Dominantisierung des dorischen cantus (Erhöhung der Quarte a zu ais z. B.) wörtlich nachvollzieht. Zudem ist das Stück auf e für eine Gemeinde einfach zu hoch. Und noch etwas: Das Thema der Fuge mit seinen zwei Charakteristika: erhöhte Quarte ais zu Beginn (Leitton zur Dominante h) sowie der kleine Sextsprung h–g ist Bachs Sinfonia zu Beginn der Kantate fast wörtlich nachempfunden.

Dies alles kann kein Zufall sein und ist es auch nicht. Nirgendwo las ich eindrucksvoller, was Bach für Schroeder gewesen sein mag, als in einem Feuilletonartikel in der Welt am Sonntag vom 26.8.01, wo von einem katholischen Organisten unter der Überschrift "Die rechte und linke Hand Gottes" die Rede ist: "…für den Fall, dass ihn Zweifel im Glauben anfliegen sollten – dann greift (er) zum protestantischen Meister Bach. Dieser musikalische Gottesbeweis hat eben auch für einen Katholiken Gültigkeit."
Die Fuge zieht schulmäßig ihren Weg, der Mittelteil mit seinem d-moll erscheint aus der Sicht Bachs eine zu weite Modulation, der Schlussteil wieder in der Tonika bringt über der in den drei Unterstimmen weiterziehenden Fuge in der Oberstimme den Choral in großen Notenwerten, akkordisch untermauert, und erinnert hier von Ferne an die Regerschen Fugen aus dessen Choralfantasien. Das Präludium, mit einem großen Pedalsolo in Rechts-Links-Technik an die großen Bachschen Pedalsoli erinnernd, sich keilförmig auf die beiden Leittöne ais und c der gewünschten Tonalität, der Dominante h hinbewegend, und in die erste Choralzeile, vollgriffig und mit Doppelpedal einmündend. Danach werden die einzelnen Choralzeilen abschnittweise in sehr lichtem Satz durchgeführt; die letzte Zeile über "Hallelujah" bildet die Schlusskadenz des Präludiums, wiederum im vollstimmigen Satz im Fortissimo.



Präambeln und Interludien
Präludium, Kanzone und Rondo für Violine und Orgel